Brennen Ihre Augen auch nach längeren sitzenden Tätigkeiten am PC? Das kann an trockenen Augen liegen, wir haben auf diesem Blog bereits in einem Gastbeitrag davon berichtet.

Es kann aber auch daran liegen, dass Sie die Motorik Ihrer Augen durch langes, bewegungsarmes Sitzen einschränken!

Wie das?

Langes, mehr oder weniger statisches Sitzen, das ist hinlänglich bekannt und von uns auf diesem Blog auch schon mehrfach thematisiert worden, kann Ursache zahlreicher Probleme und Schmerzen in Ihrem Bewegungssystem sein, insbesondere dem Rücken.

Interessant aber auch, das auch Ihren Augen diese Bewegungsarmut nicht bekommt!

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Es gibt einen unmittelbaren Zusammenhang auf anatomischer wie auch auf funktioneller Ebene zwischen der Motorik Ihrer Augen, dem Gleichgewichtsorgan im Innenohr und den Bewegungsmeldungen aus dem restlichen Körper. Insbesondere die Informationen aus den Bewegungsmeldeorganen der Wirbelsäulenmuskulatur und hier insbesondere der tiefliegenden Muskelschicht spielt eine entscheidende Rolle.

Wie jede Muskulatur so besitzen auch die Muskeln der Wirbelsäule als auch die äußeren Augenmuskeln Meldeorgane, sog. Propriozeptoren. Diese melden dem zentralen Nervensystem Spannungsänderungen der Muskeln, also Bewegung. Durch die gleichen Nervenstränge laufen auch die motorischen Informationen in andere Richtung, also die Informationen vom zentralen Nervensystem an die Muskeln, sich in einem bestimmten Ausmaß zu bewegen oder eine bestimmte Spannung zu halten. So bewegen wir die Augen, so bewegen wir unseren Rumpf und so erfährt rückwirkend unser zentrales Nervensystem, ob die Bewegungen wie geplant durchgeführt wurden oder ob es Korrekturen der Bewegungsausführung bedarf, z.B. weil unvorhergesehene äußere Kräfte dem entgegenwirken.

Die Informationen aus den Augenmuskeln, also den Muskeln, die die Augen bewegen als auch die Informationen aus der Wirbelsäulenmuskulatur laufen im Hirnstamm, einem Bereich unseres zentralen Nervensystems, zusammen. Gemeinsam laufen diese Informationen in einem Kerngebiet des Zwischenhirns zusammen, dem sog. Thalamus. Hier werden die Informationen gebündelt, gefiltert und dann als vorbearbeitete Daten der Großhirnrinde zugeleitet, wo diese z.B. für bewusste Empfindungen verwendet werden.

Was diese Selektionsstelle, der Thalamus, überhaupt nicht leiden kann ist, wenn ihn mangelnde, also ausgesprochen wenige Informationen erreichen. Das hat eine abnehmende Funktion des Thalamus zur Folge und wirkt sich negativ auf alle beteiligten Informationsgeber aus. Wenn wir also tagsüber stundenlang vor unserem PC hocken, bekommt unser zentrales Nervensystem und damit auch dieser Thalamus weniger Informationen aus unserer Rumpfmuskulatur. Das ist nicht natürlich, da wir uns eigentlich schon aus unserer Evolution heraus tagsüber viel bewegen und entsprechend viele Bewegungsinformationen an unser zentrales Nervensystem generieren. Kurz um: Unser Nervensystem fährt in einen Zustand geringerer Aktionsbereitschaft und das bekommt auch unsere Augenmotorik zu spüren, denn die hängt schlussendlich an den gleichen zentralmotorischen Strukturen.

Die Folge:

Motorische Funktionsstörungen der Augen, an aller erster Stelle insbesondere die mangelnde Fähigkeit, Objekte in der Nähe, z.B. Schriften auf einem PC-Monitor oder einem Smartphone scharf und ohne Anstrengung erkennen und lesen zu können. Ihr Nervensystem funktioniert durch eine funktionelle Störung nicht mehr ausreichend, die feinste Koordination Ihrer Augenmuskeln zu bewerkstelligen und Sie spüren das an angestrengten, schmerzhaften, sogar geröteten Augen bis zum vorrübergehenden Erscheinen von Doppelbildern.

Was können wir dagegen unternehmen?

Zwei Dinge:

  1. Während der Arbeit und natürlich in der Freizeit mehr bewegen. Hervorragend ist hierfür der Einsatz höhenverstellbarer Schreibtische und Stehpulte, um regelmäßig (mind. 2x/Stunde) zwischen sitzenden und stehenden Körperhaltungen zu wechseln.
  2. Entlasten Sie zwischendurch Ihre Augen, schauen Sie aus dem Fenster in die Ferne und starren Sie nicht ohne Unterbrechung auf Monitore und Displays.

Oder verbinden Sie beides durch einen Spaziergang an der frischen Luft in der Mittagspause. Das tut Ihrem Bewegungssystem und Ihren Augen gut!

 

Fazit: Die Motorik Ihres Rumpfes und Ihrer Augen hängen eng zusammen und bedingen sich gegenseitig. Zu wenig körperliche Bewegung kann die Motorik der Augen negativ beeinträchtigen, ebenso kann eine schlechte Augenmotorik Funktionsstörungen der Wirbelsäule bedingen. Es hilft nur Bewegung mit regelmäßigen Unterbrechungen der Sitzzeiten und Entlastung für die Augen durch Unterbrechung der Arbeit an Monitoren und Displays.

 

Bleiben Sie in Bewegung!

Ihr officeplus-Team

 

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Quellen

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