Im Jahr 1997 wurden bei der Drägerwerk AG 38 Arbeitsplätze mit integrierten Tischstehpulten der Fa. officeplus ausgestattet und die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter in der bewegungsergonomischen Handhabung geschult.

17 Beschäftigte, die in einem Zeitraum von über 5 Jahren mit dem officeplus-Stehpult gearbeitet hatten, wurden 2003 zur Arbeits- und Belastungssituation, zum Gesundheitsstatus und zum Gesundheitsverhalten am Arbeitsplatz schriftlich befragt.

Mit diesen Daten war eine Abschätzung über nachhaltige Wirkungen der durchgeführten Intervention möglich.

Die Ergebnisse zeigen positive Effekte auf: Je stärker ein bewegungsergonomisches Verhalten ausgeprägt ist, desto häufiger können negative Gesundheitsfolgen vermieden werden.

Nach sechs Jahren des officeplus-Stehpult-Einsatzes entschloss sich die Drägerwerk AG, eine Befragung zur Nutzung und Beurteilung der Gesundheitsförderlichkeit durchzuführen. An der Befragung sollten nur Beschäftigte teilnehmen, die schon sechs Jahre zuvor im Rahmen eines Feldversuchs befragt worden waren.

Von den 38 Teilnehmern, die 1997 an der Befragung teilnahmen, haben im Jahr 2003 noch 17 Beschäftige an der Wiederholungsbefragung teilgenommen. Durch Wechsel in andere Arbeitsbereiche bzw. durch Ausscheiden aus dem Unternehmen konnten 21 Personen nicht mehr erreicht werden. Insofern handelt es sich bei den Datenerhebungen 1997 und 2003 um zwei Querschnittsuntersuchungen, die infolge der starken Abweichung der Teilnehmeranzahl vergleichend nur eingeschränkt in Beziehung gesetzt werden können. Dies muss man insbesondere bei der Interpretation von Variablen wie Gesundheitsstatus, Beschwerden, Schmerzen etc. die einer zeitlichen Entwicklung unterliegen, berücksichtigen.

Im Zeitraum der sechs Jahre zwischen den beiden Erhebungen hat eine wesentliche Verschiebung in der Tätigkeitsstruktur der betroffenen Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter stattgefunden: Die Computernutzung ist für fast alle Beschäftigten zum bestimmenden Faktor des täglichen Arbeitsablaufs geworden, was heute noch wesentlich deutlicher ausgeprägt sein dürfte.

Infolge dieser Intensivierung der Bildschirmbindung kann man von einer nicht unerheblichen Ausweitung der sitzenden Beschäftigung mit Zwangshaltung ausgehen. Negative Belastungsfolgen mit problematischen Beanspruchungen sind insofern in der Ausweitung der täglichen Bildschirmarbeit anzunehmen.

In dieser Hinsicht wären zwischen 1997 und 2003 zwei Entwicklungstrends zu erwarten gewesen: Zum einen hätte die Krankheitsquote infolge stärkerer Beanspruchungen durch die höhere Bildschirmanbindung steigen sollen und zum anderen wäre durch den Altersanstieg der Teilnehmer von sechs Jahren ein Anwachsen der Beschwerden wahrscheinlich gewesen. Bei vorsichtiger Einschätzung der Erhebungsdaten in den Jahren 1997 und 2003 sind beide vorherzusehenden Trends nicht erkennbar.

Hinsichtlich der Hauptnutzungsarten des Stehpults gibt es zwischen den Erhebungszeitpunkten kaum Unterschiede. Spitzenreiter bleiben 2003 – wie schon 1997 – das „Telefonieren“ (80%) und das „Lesen“ (66%). In der Teilnehmergruppe der Befragung 2003 fällt ein zu 1997 verändertes Freizeitverhalten im Hinblick auf sportliche Aktivitäten auf. Während 1997 in der Befragung die „Aktiven“ mit 47,5% noch in der Minderheit waren, betrieben 2003 nun 60% der Befragten mindestens einmal pro Woche Sport, der mit körperlichen „Bewegungen“ verbunden ist.

Bewertung der Wirkungen der Steh-Sitz-Dynamik

Bei der Bewertung der Wirkungen hinsichtlich der Nutzungs-Akzeptanz der officeplus-Stehpulte am Arbeitsplatz geht es im Wesentlichen um die Frage, in wie weit ein häufiger Haltungswechsel praktiziert wird und welche Auswirkungen dieser Wechsel auf die Gesundheit und das Wohlbefinden zeigt.

Konnten 1997 infolge der kurzen Nutzungsdauer der officeplus-Stehpulte keine Aussagen über das langfristige Ergebnis der Intervention gemacht werden, ist nach sechs Jahren des Einsatzes der integrierten Stehpulte die Aussagefähigkeit der erhobenen Daten im Jahr 2003 in ganz anderer Weise zu bewerten.

Im Bereich gesundheitsfördernder Maßnahmen sind die Verhaltensweisen der Betroffenen und ihre Veränderungen wesentlich für den Gesundheitsstatus und das Wohlbefinden. Bezogen auf das Bewegungsverhalten im Bereich der Steh-Sitz-Dynamik ist der entscheidende Ansatz der Intervention, die Häufigkeit des Wechsels zwischen Sitzen und Stehen im täglichen Arbeitsablauf zu erhöhen.

„Bewegtes Verhalten“ auf Basis der officeplus-Stehpulte anzustoßen und nachhaltig im Bewegungsverhalten zu verstetigen, führt zu differenzierten Bewegungsmustern und verändert die Wirkmechanismen bei muskuloskelettalen Belastungen im Kontinuum von Gesundheit und Krankheit.

Berücksichtigt man die oben genannten Einschränkungen in der Interpretation der Entwicklungsverläufe von Variablen, die aus den beiden Querschnittserhebungen 1997 und 2003 resultieren, lässt sich dennoch ein Trend der Verstetigung der nachhaltigen Nutzung der officeplus-Stehpulte erkennen. Die Daten ermöglichen eine Abschätzung, dass nach sechs Jahren der Nutzung der integrierten Stehpulte die Häufigkeit des Wechsels zwischen Sitzen und Stehen am Arbeitsplatz im Durchschnitt eher zugenommen hat als gleich geblieben ist.

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Eine solche – im Sinne von Gesundheitsförderung – positive Verhaltensänderung wird nach arbeitswissenschaftlicher und gesundheitswissenschaftlicher Erkenntnis vorteilhafte Entwicklungen beim Gesundheitsstatus, Wohlbefinden, Leistungsfähigkeit, Motivation und Arbeitszufriedenheit der betroffenen Beschäftigten entfaltet haben.

Zwischen einem Drittel und knapp zwei Dritteln bewegt sich die Einschätzung der Befragten im Hinblick auf gesundheitsförderliche Wirkungen der Steh-Sitz-Dynamik.

Nach sechs Jahren officeplus-Nutzung drücken 33% der Mitarbeiter ihre Einschätzung aus, dass sie durch die Nutzung der integrierten Stehpulte weniger Schmerzen haben und 60% bescheinigen der Steh-Sitz-Dynamik ein Vermeidungspotenzial für Nacken-, Schulter- oder Rückenschmerzen. Nahezu drei Viertel der Teilnehmer an der Befragung geben an, dass sich ihr allgemeines Wohlbefinden durch mehr Bewegung am Arbeitsplatz verbessert bzw. deutlich verbessert hat.

Mit diesen Befragungsergebnissen zeigt sich eine überaus nachhaltige subjektive Einschätzung bei den Beschäftigten über den vom einzelnen erzielten Gewinn der Gesundheitsförderungsmaßnahme.

Betrachtet man dieses Ergebnis in Relation zu anderen Maßnahmen im Bereich von Prävention und Gesundheitsförderung in betrieblichen Kontexten – beispielsweise Stressbewältigungsaktivitäten, Raucherentwöhnung oder Softwareergonomie – ist der Erfolg bewegungsergonomischer Intervention durch die officeplus-Stehpulte weit überdurchschnittlich anzusehen.

Gesundheitsbezogene Effekte liegen im Bereich der Vermeidung von Schmerzsituationen als Folge lang andauernden Sitzens sowie im Vermeiden akuter Muskel- und Skeletterkrankungen durch Bewegungsarmut im Arbeitsablauf.

Im Gegensatz zu vielen Bewertungen, die kurz nach einer Maßnahmendurchführung erfolgen, ermöglichen die vorliegenden Daten eine Abschätzung über nachhaltige Wirkungen der durchgeführten Intervention – sowohl auf individueller als auch auf organisatorischer Ebene.

Für die Gruppe der 17 Beschäftigten, die über sechs Jahre Erfahrung mit der Nutzung des officeplus-Stehpultes verfügen, zeigen die Daten eine eindeutige Richtung der positiven Effekte:

Je stärker der Wechsel zwischen Sitzen und Stehen von den Mitarbeitern praktiziert wird, desto häufiger können negative Gesundheitsfolgen vermieden werden.

Die Datenauswertung belegt darüber hinaus einen signifikanten Zusammenhang zwischen der Häufigkeit des Bewegungswechsels und dem Wohlbefinden am Arbeitsplatz.

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Die Ergebnisevaluation am Beispiel der Drägerwerk AG kann also aufzeigen, dass ergonomische Arbeitsplatzausstattungen mit officeplus-Stehpulten die Gesundheit der Mitarbeiter fördern und dem Unternehmen Gewinn bringt. Nach sechs Jahren der Anwendung und Nutzung ein nachhaltiges, abgesichertes Ergebnis.

Haben Sie Fragen oder Anregungen zu dem Thema? Gleich unten einen Kommentar hinterlassen – ich melde mich und freue mich auf eine gemeinsame Diskussion!

Bleiben Sie in Bewegung! Ihr Christof Otte

 

Auszug aus „Evaluation des Einsatzes von officeplus-Stehpulten bei der Drägerwerk AG

Projektleitung

Prof. Dr. Detlef Krüger

FGAT – Forschungsgruppe Arbeitssoziologie und Technikgestaltung GmbH, Berlin

 

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