Hält uns Gehen schlank oder macht es uns wieder schlank?

Um diese Fragen zu beantworten, schauen wir uns heute mal zwei Studien zum Thema an.

Das Grundproblem: Ein häufiger Bewegungsmangel ist dafür verantwortlich, dass heute fast jeder dritte Mensch auf der Welt übergewichtig ist – das betrifft ca. 2,2 Milliarden Menschen und ist für 5,3 Millionen Tote jedes Jahr verantwortlich (Althoff et al. 2017).

Das Forscherteam um Tim Althoff et al. (2017) von der Universität Stanford (USA) wollen der Frage auf den Grund gehen, warum Fettleibigkeit unterschiedlich auf die Länder verteilt ist. Dazu bedienen sie sich den Schrittzählern in Smartphones  von 717.527 Menschen aus 111 Ländern und bekommen Daten von insgesamt 68 Millionen Aktivitätstagen.

Zu den Daten erheben die Forscher neben dem Alter und dem Geschlecht der Probanden auch die Herkunft und den Body Mass Index.

Die Ergebnisse haben sie nun im Fachmagazin „Nature“ kundgetan:

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Demnach gibt es einen statistisch signifikanten Zusammenhang  zwischen der Bewegung in einem Land und der Häufigkeit des Auftretens von Fettleibigkeit, der sog. Adipositas.

Wenn wir uns die reinen Schrittzahlen im Mittel ansehen, so liegen die Menschen in Hongkong mit 6880 Schritten am Tag auf Platz eins, gefolgt von China mit 6189 Schritten und der Ukraine mit 6107 Schritten. Unsere Schweizer Nachbarn rangieren auf Platz 10 mit 5512 Schritten. Deutschland rutscht gerade noch in die Top 20 mit 5205 Schritten auf Platz 19.

Je mehr Schritte in einem Land im Mittel gegangen werden heißt jedoch noch nicht, dass es dort weniger dicke Menschen gibt. Die Autoren der Studie weisen hier auf das mitentscheidende Kriterium hin: Auf die Spreizung der Schrittzahlen.

Ist diese Spreizung sehr hoch, wenn also ein Teil der Bevölkerung besonders viele Schritte am Tag zurücklegt, ein anderer Teil jedoch kaum geht, so steigt statistisch die Gefahr für starkes Übergewicht in dem jeweiligen Land. Im Umkehrschluss heißt das, je gleichmäßiger die durchschnittlichen Schrittzahlen auf die Gesamtbevölkerung eines Landes verteilt sind, desto geringer das statistische Auftreten von Fettleibigkeit.

Männer gehen im Schnitt mehr als Frauen, besonders in Ländern mit einer starken Aktivitätsspreizung.

Besonders hervorzuheben ist Schweden: Die Schweden gehen im Schnitt 5863 Schritte am Tag und landen damit im Ranking auf Platz 7. Das Besondere ist jedoch, dass die Spreizung zwischen einzelnen Bevölkerungsgruppen und Schichten wie auch zwischen den Geschlechtern hier am niedrigsten ausfällt.

Das Gegenteil sind die USA: Diese landen mit 4774 Schritten abgeschlagen auf Platz 30 und zeigen dazu eine ausgesprochen große Lücke zwischen vielgehenden und weniggehenden Menschen. Dementsprechend liegen die Menschen in den USA auch beim starken Übergewicht auf einem der vorderen Plätze im internationalen Vergleich (NCD-RisC 2016).

Wirken sich unterschiedliche Städte mit ihren unterschiedlichen Infrastrukturen auf das Bewegungsverhalten aus? Hierzu haben die Forscher 69 Städte in den USA analysiert. In Städten, die mit einer entsprechenden Infrastruktur das zu Fuß gehen fördern, neigen die Menschen dazu, mehr Schritte pro Tag zurückzulegen, unabhängig von Alter, Geschlecht oder der körperlichen Verfassung. Auch die oben erwähnte Spreizung fällt deutlich geringer aus.

Was kann aber nun getan werden, um Menschen neben der gehgerechten Infrastruktur zu mehr Bewegung außer Haus zu animieren?

Sehen wir uns eine zweite Studie aus dem vergangenen Jahr an: Hier hat das Team um Dr. Ellen Flint (2016) untersucht, inwieweit die Wahl des Transportmittels zur Arbeit Auswirkungen auf das Körpergewicht, gemessen am Body-Mass-Index (BMI), hat.

5861 Studienteilnehmer zw. 40 und 69 Jahren werden im Abstand von vier Jahren zweimal gefragt, wie sie zu Ihrem Arbeitsplatz gelangen. Einige Studienteilnehmer sind in diesem Zeitraum vom Auto auf öffentliche Nahverkehrsmittel umgestiegen und wurden prompt mit einer Abnahme ihres BMI um 0,3 kg/m² belohnt. Bei den Teilnehmern, die in diesem Zeitraum von den öffentlichen Nahverkehrsmitteln auf den PKW umgestiegen sind, zeigte sich genau das umgekehrte Bild: Eine Zunahme des BMI um 0,3 kg/m². Der Unterschied scheint gering, würde sich im Lauf eines 40-ährigen Berufslebens jedoch auf etwa 3kg/m² summieren.

Der Hauptunterschied zwischen dem PKW und Bus oder Bahn zu Arbeit liegt schlicht und einfach in einer Zunahme der Gehstrecke. Der Weg zur nächsten Bushaltestelle oder U-Bahnstation ist i.d.R. weiter als der Weg zur PKW-Garage oder zum Parkplatz.

Die gleiche Studie zeigt auch auf, dass schon kleine Änderungen des Bewegungsverhaltens gesundheitliche Effekte zeigen können.

Fazit: Das Auto, Rolltreppen und Fahrstühle ignorieren, öffentliche Verkehrsmittel oder besser das Fahrrad nutzen, weitere Gehstrecken einbauen und auch bei der Arbeit im Büro mehrmals in der Stunde die Haltung zwischen Sitzen und Stehen wechseln!

 

Bleiben Sie in Bewegung! Ihr Christof Otte

 

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