Der Einsatz von Armlehnen an klassischen Stühlen wird von Ergonomieexperten klar präferiert, leidet häufig jedoch an einer mangelnden Akzeptanz bei den Nutzern. Ein gern angeführter Grund ist, dass Armlehnen als störend an der Tischkante empfunden werden und viele Anwender Ihre Arme eher auf der Tischkante bzw. Tischplatte ablegen.

In eluebbert-armlehneniner aktuellen Studie konnte Ulrike Lübbert im Rahmen Ihrer Masterthesis den Nutzen von Stuhlarmlehnen klar belegen.

Die Autorin ist staatl. anerkannte Lehrkraft für Physiotherapie und Master in Functional Kinetic Science der Universität Basel. Als Geschäftsführerin von ergoluebbert UGm.b.H. entwickelt sie ergonomische Konzepte und Trainings für Unternehmen.

Hier das Abstract ihrer Masterthesis:

 

 

 

Einleitung

Dauerhaftes ununterbrochenes Sitzen stellt eine der größten Belastungen unseres Alltags dar. Der Stuhl bietet, optimal an den Nutzer angepasst, Möglichkeiten zur Entlastung. Ergonomisch eingestellte Armlehnen entlasten nachweisbar den Schulter-Nacken-Bereich. Wenn der Nutzer seine unökonomische Gewohnheitshaltung aufgibt, verstärkt das die Entlastung. Das Ziel dieser Studie ist es zu zeigen, dass Präventionsmaßnahmen aus der Verhaltensprävention notwendig sind, um die ergonomische Optimierung der Verhältnisse an den Industriearbeitsplätzen erfolgreich zu nutzen. Die Mitarbeiter sollten durch eine physiotherapeutische Ergonomieberatung angeleitet werden, ein ökonomisches Bewegungsverhalten nach FBL Functional Kinetics Klein-Vogelbach zu lernen, um ihre Arbeitshaltung dauerhaft zu entlasten.

Methodik

12 Mitarbeiterinnen eines Unternehmens aus der Medizintechnik nahmen an der Studie teil. Untersucht wurde eine repetitive manuelle Tätigkeit, die unter einem Mikroskop ausgeführt wurde. Stuhl, Tisch und Mikroskop waren ergonomisch einstellbar. Die Muskelaktivität von vier Muskeln des Schulter-Arm-Systems wurde auf jeder Körperseite mit Hilfe eines Oberflächen-EMG erfasst. Dabei wurden 5 OEMG-Messungen mit jeder Probandin für zwei Konditionen durchgeführt. Zwei Gruppen mit jeweils 6 Probandinnen wurden gebildet. Die Konditionen für Gruppe 1 waren: Stuhl mit Armlehnen selbst eingestellt (Referenzkondition) bzw. Stuhl mit Armlehnen optimal eingestellt. Die Konditionen für Gruppe 2 waren: Stuhl ohne Armlehnen bzw. Stuhl mit Armlehnen optimal eingestellt. Die Auswertung erfolgte mit Hilfe der Wavelet-Analyse nach v. Tscharner. Für jede Probandin wurde die Wavelettransformation pro Messung und Muskel erstellt. Die Messwerte wurden auf 1000 Werte pro Messung normiert, der Mittelwert über die 5 Versuche pro Zeitpunkt berechnet und die Wavelets über die Messdauer zur Total-Energie des Signals pro Kondition und Muskel aufsummiert. Die Total-Energie pro Probandin wurde auf die jeweilige Referenzkondition gleich 100% normiert.

Resultate

Armlehnen bewirken eine sofortige Entlastung schon bei selbst eingestellten Armlehnen. Das zeigt der Vergleich der Energiemesswerte zwischen einem Stuhl mit Armlehnen und einem Stuhl ohne Armlehnen. Bei einer optimalen ergonomischen Einstellung kommt es zu einer noch deutlicheren Entlastung im Vergleich zu selbst eingestellten Armlehnen. Das zeigen insbesondere die Energiemesswerte des m. trapezius auf der Arbeitsseite. Die Endmesswerte bei einer optimalen ergonomischen Einstellung sind gegenüber den Anfangswerten erhöht, wofür die Reaktion der Muskulatur auf die veränderte ungewohnte Gelenkstellung verantwortlich sein kann. Mit Hilfe der Beobachtungkriterien nach FBL Functional Kinetics Klein Vogelbach kann gezeigt werden, dass die Einordnung des Kopfes in die Körperlängsachse mit Armlehnen erfolgreicher ist und dadurch ein reaktiver Hypertonus der Schulter-Nacken-Muskulatur auf das Kopfgewicht vermieden werden kann.

Diskussion/Schlussfolgerung

Die Studie bestätigt, dass durch einen Stuhl mit Armlehnen der Mitarbeiter im Schulter-Nacken-Bereich entlastet und somit in seiner Tätigkeit unterstützt wird. Ein zusätzliches Beobachtungsprotokoll zeigt, dass es durch die optimale ergonomische Einstellung zu einem erhöhten Nutzen von Stuhlarmlehnen kommt. Weitere Untersuchungen könnten den Nutzen einer Verbindung von Verhältnis- und Verhaltensprävention bestätigen.

Bleiben Sie in Bewegung! Ihr Christof Otte

 

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