In unserem vorherigen Blogartikel haben wir uns bereits mit dem Thema der Augenmotorik befasst. Hier lassen wir vorerst nicht locker, denn Ihr Blickverhalten ist schuld an Ihren Nackenverspannungen!

Zu anstrengend für Ihre Augen? Laden Sie sich diesen Artikel hier als PDF herunter…

Ein Sprung zurück in Ihre Kindheit:

Bevor Kinder eingeschult werden bewegen diese sich viel (so sollte es zumindest sein) und sitzen nicht lange und ruhig auf einem Stuhl während sie auf einen Bildschirm oder in einem Buch etwas lesen. Wenn Kinder mit ihrem Blick etwas beobachten, etwas betrachten oder einem Objekt folgen, so tun sie dies insbesondere mit einer beteiligten Kopfbewegung. Sie bewegen also ihren Kopf mit dem Objekt. Man spricht hier von einem Head-Move (Fuller 1992). Dies geschieht besonders bei größeren Objektbewegungen, so wie dies ständig beim Spielen, Toben und im Sport passiert.

Kinder sind also richtige Head-Mover – vorausgesetzt, PC-Spiele, das Fernsehen oder sonstige „Devices“ haben ihre Motorik noch nicht versaut.

Jetzt werden die Kinder eingeschult und müssen von einem Tag auf den anderen für ihre Verhältnisse relativ lange relativ ruhig sitzen und dabei in ein Buch oder auf eine Tafel schauen. Eine Studie von Beyer und Kollegen (2007) konnte zeigen, dass zu Beginn der ersten Klasse alle Kinder sog. Head-Mover sind, also einen starken Kopfbewegungsanteil an der Blickzuwendung haben. Am Ende der ersten Klasse waren nur noch gut 60% Head-Mover. Man kann sich gut ausmalen, wie sich der Trend im Laufe der Schulzeit und des Lebens fortsetzt.

OK – aber wo liegt das Problem?

Machen wir nun einen Sprung in unser heutiges Erwachsenenleben: Wir saßen viel in der Schule, in Ausbildung oder Studium und sitzen nun wieder viel am Arbeitsplatz. Wir Erwachsenen sind in der Regel keine Head-Mover mehr, sondern überwiegend Eye-Mover (Friedrich et al. 2012). Wir haben in weiten Teilen des Tages nur noch ein eingeschränktes Blickfeld dem wir folgen müssen, vorwiegend am PC-Bildschirm und zusätzlich in der Freizeit am TV oder beim Autofahren. Wir bewegen zum Großteil unsere Augen, den Kopf halten wir ruhig.

Das besondere an der Augenmotorik ist jedoch, dass diese auch eine Kopf- bzw. Wirbelsäulenbewegung stimuliert (Zangenmeister & Stark 1982). Drehe ich also meine Augen nach rechts, will sich auch mein Kopf nach rechts drehen. Ebenso bei den Bewegungen nach oben oder unten. Während Sie nun diese Zeilen am Bildschirm oder auf einem Blatt lesen, bewegen Sie wahrscheinlich nur Ihre Augen, Ihr Kopf bleibt ruhig. Das bedeutet, Ihre Muskeln des Nackens sind stetig angespannt, um die von Ihren Augen stimulierte Kopfdrehung zu unterbinden (Corneil & Elsley 2005). Sie lesen also die gesamte Zeit mit einem angespannten Nacken. Und das den ganzen Tag an Ihrem Arbeitsplatz – und dazu noch in der Freizeit am TV, in der Zeitung, im Buch etc. Der Nacken ist unter Dauerspannung, Ihre Augen bewegen sich. Und das führt recht rasch zu Verspannungen der dauergespannten und bald überlasteten Muskulatur (Corneil & Elsley 2005).

Was können wir dagegen tun?

Ganz einfach: Das Zaubermittel ist mal wieder die Bewegung – sowohl während Ihrer Arbeit und ganz besonders in Ihrer Freizeit!

Das sollten Sie an Ihrem PC-Arbeitsplatz machen:

Alle 10 Minuten den Blick vom Bildschirm oder der Unterlage lösen und den Kopf einmal maximal nach rechts und einmal maximal nach links drehen. Damit befreien Sie Ihre Nackenmuskulatur aus der Dauerspannung. Alle 10 Minuten einmal nach rechts und einmal nach links drehen – das bringt schon was gegen Ihre Nackenverspannungen!

Damit Sie das jedoch nicht vergessen, empfiehlt sich die Integration der Bewegung in die Arbeitsorganisation. Wenn Sie schon kurz Ihren Blick von der Arbeit lösen, nutzen Sie die Zeit, auch gleich den höhenverstellbaren Tisch nach oben zu fahren um die kommenden 10 Minuten im Stehen weiter zu arbeiten. So haben Sie ein tolles Ritual und ein geniales Bewegungsprogramm aus Kopfdrehung und Vertikalbewegung des Körpers.

Daneben ist es wichtig, die Anordnung Ihrer Unterlagen und Gegenstände auf Ihrem Tisch so zu organisieren, dass Sie nicht alle im Blickfeld oder der Sichtachse angeordnet sind. Das Telefon steht weiter weg und schon müssen Sie beim Blick auf das Display nicht nur Ihre Augen, sondern den ganzen Kopf drehen. Auch Vorlagen, in die Sie ab und zu blicken müssen, können ruhig so neben Ihnen liegen, dass es eine Kopfdrehung verlangt, um darauf zu schauen.

Fazit: Ihre Nackenverspannungen hängen mit Ihren Augen zusammen! Ein zu wenig an Kopfbewegung und ein zu viel an Augenbewegung lässt Ihren Nacken verspannen und auf Dauer überlasten. Bewegung hilft, Massage nicht!

 

Bleiben Sie in Bewegung!

Ihr officeplus-Team

 

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Quellen

Beyer, L. et al. (2007) Individuelle Stereotype der Koordination von Kopf- und Augenbewegungen, Ursache von Nacken- und Schulterschmerzen? In: Manuelle Medizin 6.

Corneil, B.D.; Elsley, J.K. (2005) Countermanding eye-head gaze shifts in humans: marching orders are delivered to the head first. In: J Neurophysiol 94 (1), S. 883ff.

Friedrich, M. et al. (2012) Nacken-Schulter-Beschwerden am Bildschirmarbeitsplatz – Beeinflussung der Augen-Kopfbewegung durch multifokale Brillengläser. In: Manuelle Medizin 06, S. 505ff.

Fuller, H.J. (1992) Head movement propensity. In: Exp Brain Res 92, S. 152ff.

Zangenmeister, W.H.; Stark, L. (1982) Types of gaze movement: variable interactions of eye and head movements. In: Exp Neurol 77 (83), S. 563ff.